Some Days In The Lives of the Free Generation Reporters
Freitag, 08.02.2019, 15:30 Uhr, Eröffnungszeremonie.* Anna-Lou
Langsam verstummen die mich umgebenden lebhaften Gespräche. Die Lichter des Saales erlöschen und meine Blicke richten sich erwartungsvoll auf die noch leere Leinwand. Verschwommen erscheint der Umriss eines goldenen Bären, der sich wirbelnd tausend anderen Bären anschließt. Miteinander verschmolzen nehmen sie die Form einer strahlenden sich drehenden Sonnenkugel an, die sich langsam am Horizont verliert und plötzlich explodiert. Ein Bären-Big Bang, das sich funkensprühend auf der ganzen Leinwand ausdehnt. Gebannt sehe ich zu, wie diese Funken eine glitzernde Bärengestalt formen. Die flackernde Leuchtschrift „69. Internationale Filmfestspiele Berlin“ trifft mich wie ein Schlag. Die Berlinale, ein faszinierender, bislang unerreichbarer Traum, ist im Begriff, wahr zu werden.
Dienstag, 7:52 Uhr, Friedenau. Carlotta
Puh! Ich stehe in meinem Zimmer unter meinem Hochbett und habe gerade die Shaun-das-Schaf-Weckermusik ausgemacht. Geschafft, ich bin raus aus dem Bett, habe nicht verschlafen und es ist noch genug Zeit, um einen Kaffee zu trinken und ein Frühstücksbrot zu essen, bevor es losgeht. Was steht heute an? Es ist ein voller Tag, 3 Filme, vielleicht ein Interview. Das sagt mein Kalender, in den ich alles noch schön altmodisch per Hand hineinschreibe, was mir aus irgendeinem Grund hilft wirklich zu verstehen, was ich so organisiere. Das kann ich auf meinem Handy nicht. Was ich auch nicht gut kann, ist, wenn ich unterwegs bin, auf mein Handy zu achten und im Kopf zu behalten, dass ich heute regelmäßig meine Mails checken sollte, denn vielleicht antwortet mir ja im Laufe des Tages jemand wegen des Interviews. Ich deaktiviere meinen Flugmodus und kriege Nachrichten von Menschen, die nichts mit der Berlinale zu tun haben und das ist schön, versinke ich doch so leicht immer in diesem Festival und denke, dass die Welt um mich herum sich für ein paar Tage aufhört zu drehen. Das bringt mich aber nur kurz auf den Boden der Tatsachen zurück, schon kurz danach kommt mir der Gedanke in den Sinn, doch schon beim Frühstück kurz was am Laptop zu tippen. Nach der Woche erstmal Technikdetox, aber wirklich. Ich packe den Kartoffelsalat und den Apfelstrudel, die ich gestern gekocht beziehungsweise gebacken habe, um ein wenig Ausgleich in meinem Tag zu schaffen, in Brotboxen und freue mich darauf, später leckere vegane Dinge essen zu können, ohne für Mitte übliche Preise dafür zahlen zu müssen. Um für das Gucken der ganzen Filme einen freien Kopf und ausgelasteten Körper zu haben, schwinge ich mich auf mein Fahrrad und mache mich auf den Weg zur Berlinale. Auch um mir 4 BVG- Tickets, die für den Tag nötig wären, zu sparen, ist das sehr sinnvoll. Nach 5 Minuten merke ich, dass ich meine Akkreditierung zu Hause gelassen habe und drehe um. So ganz auf der Spur bin ich nicht und der Schlafmangel macht sich bemerkbar. Wie habe ich das früher nur gemacht? Dieses Jahr habe ich neben der Berlinale weder Schule noch Abistress noch sonstwas und trotzdem muss ich mich zwingen, mich zu konzentrieren. Und doch merke ich dann, endgültig auf dem Weg gen Norden, dass ich die letzten Tage viel tiefer über gesehene Filme nachgedacht habe, mehr Artikel als letztes Mal geschrieben habe und nun ja sogar vor meinem ersten Interview stehe. Etwas verschwitzt komme ich am Potsdamer Platz an, schließe mein Fahrrad ab und freue mich über all die Menschen, die orangefarbene Berlinalebänder um den Hals tragen und sich in so vielen verschiedenen Sprachen angeregt unterhalten.
9:02 Uhr, Ticketschalter, Potsdamer Straße. Sarah
Ich verlasse das Gebäude und stecke währenddessen meine erstandenen Tickets ins Portemonnaie. Draußen laufe ich Vincent in die Arme, der auch noch Karten für den kommenden Tag braucht. Während er sich schnell am Schalter anstellt, rufe ich Mia an, da ich für eine der morgigen Vorführungen im Zoo 2 mal wieder keine Pressekarte bekommen habe. Insbesondere in diesem Jahr haben wir leider häufiger Probleme, noch Pressetickets zu erhalten, selbst wenn wir um Punkt 9 Uhr am Ticketschalter stehen. Da die Pressetickets immer nur für Vorstellungen des nächsten Tages freigeschaltet werden, müssen wir uns hier jeden Tag neu die Tickets für den kommenden Tag besorgen. Mia pflegt unseren Notfallkontakt zu Britta, die am Ticketschalter für das öffentliche Publikum arbeitet und uns im Zweifelsfall dankenswerterweise noch eine Karte besorgen kann (an dieser Stelle Shoutout to Britta). Ich schreibe schnell noch in unsere Gruppe, ob jemand anderes auch noch eine Karte braucht, damit Mia nicht fünf Mal anrufen muss. Jetzt muss ich aber los, sonst schaffe ich es nicht rechtzeitig zur 9:30 Uhr Vorführung in den Zoopalast. Und da sehe ich auch schon den 200er auf der anderen Seite der Potsdamer Straße. Ein Rüberkommen? Unmöglich! Das heißt wohl nur eins: Wie schnell schaffe ich es zur nächsten Bushaltestelle zu rennen und hilft mir der Berufsverkehr, den Bus lange genug aufzuhalten?
09:30, Zoopalast, Premiere von „Ambessa“. Klara
Ich stehe morgens auf dem roten Teppich am Zoo Palast und warte auf das erste Filmteam, das dort seine Premiere hat. Auch dieses Jahr habe ich wieder das Glück als Fotografin für die Berlinale Generation zu arbeiten und somit die Filmteams vom roten Teppich bis ins Kino zu begleiten. Während ich draußen auf dem Teppich warte, merke ich wie meine Anspannung ansteigt. „Du bist hier jetzt die einzige Fotografin und du musst das hinbekommen, das ist dein Job.“, höre ich meine Gedanken. Aber sobald das Filmteam aus dem Auto aussteigt, sehe und spüre ich deren Vorfreude und der Funke springt über. Die vier Frauen sind aufgeregt und haben eine gute Zeit auf dem roten Teppich und auf dem ganzen Weg bin in die Lounge. Es macht einfach Spaß und das funkeln in ihren Augen fange ich sofort mit der Kamera ein.
12:30 Uhr, 200er Bus. Mia
Ich sitze im Bus und lasse meine Gedanken schweifen und denke über die Filme am vergangenen Wochenende nach - „Driveways“ hat mir gefallen und auch die Kurzfilme 1 von 14Plus. Einen langen Moment starre ich aus dem Fenster und lasse Grünflächen, einige Botschaften und viele, viele Menschen an mir vorbeiziehen. Im nächsten Moment ploppt eine Nachricht von Clara auf meinem Handy auf, die feststellt, dass „2040“ nur im Zoo 2 läuft – leider, weil dieser Film so viel mehr Publikum verdient hätte. Wenige Minuten später erreiche ich den Breitscheitplatz und laufe die letzten paar 100 Meter bis zum Zoopalast, der im Berlinale-Stress meist nur auf den Namen „Zoo“ hört. Vorbei an der Kasse, durch die Eingangshalle nach links, ups, da stehen ja nur noch Akkreditierte, zum Glück habe ich ein Ticket und kann schnell an der Schlange vorbei. Im Saal angekommen suche ich die Reihen ab und entdecke kurz darauf Clara, die mittig in einer der Reihen sitzt. Wir reden und kurz darauf stößt Sarah zu uns und wir führen unsere Unterhaltung zu dritt fort. 10 Minuten später ist der Saal ruhig, obwohl, leider nicht ganz. Ein Knistern ertönt im Sessel neben Sarah, auf dem ein Junge genüsslich eine Hand voll Popcorn von der überdimensionierten Plastiktüte zum Mund führt. Auch das kann Berlinale sein, Kinobesucher die die ungeschriebenen Berlinale-Regeln (noch) nicht kennen. Und zu denen zählt „Kein dauerhaftes Knistern oder Rascheln während der Filme!“. Ein wenig leiser wird es zwar, aber immer wieder reißt das Knistern eine von uns dreien aus dem Bann, in den uns Damon Gameaus Film zieht. „2040“ trifft mich und macht mir klar wie viel wir alle noch tun müssen, um diese Welt nicht weiterhin zu zerstören. Am Ende des Films sind wir berührt und ich bin erneut wahnsinnig froh, dass wir zusammen Filme schauen und uns jederzeit darüber austauschen können. Mit wem sollte ich ansonsten an diesem Mittag, noch im Kinosaal, meine Gedanken teilen…
Selbst die kleinsten Dinge können etwas bewegen – fangen wir bei den Popcorntüten an!
13:48 Uhr, Uppsala, Schweden. Johanna
Einige Kilometer nördlich von allen Geschehnissen der Berlinale schiebe ich gerade vegane Brownies in den Ofen. Die sind für die Chorprobe später am Nachmittag. Ich klopfe mir das Mehl von den Händen, lasse mich aufs Sofa plumpsen und versinke wieder in der Recherche über das Utøya-Massaker.
Momentan befinde ich mich mitten in meinem Auslandsjahr in Schweden, wo ich an der ältesten Universität des Landes studiere. Eigentlich könnte es mir hier kaum besser gehen, aber während sich in Berlin alles um das schönste Festival der Welt dreht, bekomme ich zum ersten Mal ein wenig Heimweh. Schließlich zählt die Berlinale seit Jahren zu den für mich aufregendsten Tagen im Jahr und seit 2013 verbringe ich sie eigentlich immer mit meinen wundervollen Berlinalebärchen, die gerade in der Hauptstadt von einem Kino ins nächste eilen und zwischendurch entweder Artikel schreiben oder Interviews führen. Was würde ich nur dafür gehen, dieses Jahr auch selbst dabei zu sein? Aber neben Uni und Studentenleben in Uppsala gab es für mich leider keine Möglichkeit, auch nur ein paar Tage der Berlinale mitzuerleben. Das Uppsala Kurzfilmfestival im Oktober war eben doch kein Ersatz dafür.
Seufzend wende ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Text zu, den ich bereits am Morgen vor der ersten Vorlesung verfasst habe. Durch die erschreckende Thematik schaffe ich es zumindest in der Hinsicht, mich in Berlinale-Stimmung zu versetzen. Schließlich ist die Berlinale bekannt dafür, mit Themen aufzuwarten, die tagelang schwer im Magen liegen können. Während also langsam Kuchenduft unsere schäbige Küche im Studentenwohnheim füllt, arbeite ich weiter. Nach einer Weile kommt Prima, mein indonesischer Mitbewohner, vorbei, vermutlich angelockt durch die Brownies im Ofen. Er kann mich ein wenig aufmuntern, als er merkt, dass ich mich in sehr nostalgischer Stimmung befinde, lässt mich aber auch schnell wieder alleine in der Küche sitzen, damit ich mich auf den Artikel konzentrieren kann. Nicht umsonst sehen wir uns hier im Korridor als eine zweite Familie so fern von unseren Heimatorten an - wir wissen einfach instinktiv, was die andere Person gerade braucht.
Kurz bevor die Brownies aus dem Ofen können, ist der Artikel fertig. Nach einem letzten Kontrolllesen lade ich ihn hoch, atme einmal tief durch und lasse mich gedanklich wieder von meinen Verpflichtungen und Freuden in Schweden davontragen. Später finde ich heraus, dass Clara keine Stunde später den gleichen Artikel hochladen will, nur um festzustellen, dass ich bereits etwas verfasst habe. Kommunikation bleibt eben der Schlüssel zu allem - nur dass es über all die Kilometer hinweg und während des Berlinalestresses eben durchaus etwas in der Leitung haken kann.
14:25 Uhr, Zoopalast. Liv
Benommen stehe ich vor dem Gebäude des Zoopalast und schaue zu, wie die Menschenmassen an mir vorbeilaufen. In meinen Gedanken bin ich an einem ganz anderen Ort – auf Utøya. Der Dokumentarfilm über den Amoklauf auf der norwegischen Insel hat mich sehr berührt. Ich spüre wie mein Beine sich bewegen, obwohl mein Kopf nicht in der Lage ist irgendetwas aktiv zu entscheiden. Ich denke daran, dass man nie wissen kann, wann das Leben vorbei ist. Vielleicht jetzt...jetzt...oder jetzt... und ich denke, dass ich so dankbar bin für das Leben, das ich habe und daran, dass wir als junge Menschen die Zukunft unserer Welt in den Händen halten... und dass ich jetzt auf keinen Fall in die Uni fahren kann, um über die Entwicklung historischer Romane zu sprechen. Stattdessen gehe ich mit Clara einen Kaffee trinken und versuche mich wieder zu sammeln.
15:41, Kamps Bäckerei am Zoo. Clara
Während ich in meinen leeren Kaffeebecher schaue und mich ärgere, dass es in einer Bäckerei trotz Sitzgelegenheiten anscheinend billiger ist nur to-go Becher anzubieten anstatt Tassen abzuwaschen, bin ich in Gedanken eigentlich immer noch beim Film “Rekonstruktion Utøya”, aus dem ich vor gut einer Stunde gekommen bin. Auch wenn ich mich auf einen bedrückenden und harten Film eingestellt hatte, irgendwie trifft mich das Thema noch viel mehr als gedacht, und anstatt direkt in die Uni zu fahren, um für meine Klausur in der nächsten Woche zu lernen, brauchen Liv und ich doch erst mal einen Beruhigungskaffee. In knapp zwei Stunden würde schon das Interview mit dem Regisseuren von “Rekonstruktion Utøya” und zwei der Überlebenden anstehen, wie sollte ich das in meiner jetzigen Verfassung machen können? Liv scheint diese Unsicherheit von mir zu spüren, oder ist auch einfach selbst nur so betroffen vom Gesehenen, auf jeden Fall beschließt sie, mich beim Interview zu begleiten, dafür bin ich unglaublich dankbar. Was soll man Menschen fragen, die dieses traumatische Ereignis wirklich miterleben mussten, ohne dabei etwas in ihnen zu treffen, was daran erinnern könnte?
Nach einiger Zeit habe ich meine Gedanken wieder etwas geordnet und beschließe doch noch für eine Stunde in die Uni zu fahren, um wenigstens etwas für mein Gewissen zu tun. Obwohl mir Mathe so unglaublich paradox gegen all das vorkommt. Liv und ich verabreden uns für später, dann eile ich die kurze Strecke vom Zoo zur Unibibliothek und schaffe es tatsächlich meine Konzentration für ein paar Minuten auf eine Matheaufgabe zu lenken. Bevor ich mich auf dem Weg zum Berlinale Palast zum Interview mache, formuliere ich noch eben die Fragen für Regisseur und die beiden Überlebenden aus, die Liv und ich uns zusammen überlegt haben. Mittlerweile fühle ich mich auch bereit dafür und schaue dem Interview gespannt und etwas aufgeregt entgegen.
15:56 Uhr, Hyatt. Mia
Die Berlinale-Woche neigt sich langsam dem Ende zu, in meinen Gedanken bin ich irgendwo zwischen Trauer und Freude. Ich sitze seit 2 Stunden im Hyatt und habe mir mittlerweile zum zweiten Mal meinen Thermobecher mit Kaffee auffüllen lassen. So schön es ist zwischen Lungo, Espresso und Co. zu wählen –Bohnen ohne Plastik würden es auch tun.
Morgens habe ich es nicht zu „Anbessa“ geschafft, deshalb habe ich mir eine Vorstellung im Cinemaxx ausgesucht und werfe immer wieder einen Blick auf die Computeruhr und aus 45 Minuten vorher losgehen wird irgendwann „30 Minuten werden schon reichen“. Irgendwann muss ich dann aber alle Tabs schließen und raffe schnell alle meine Hefte zusammen und schnappe mir meine Jacke, meinen Rucksack und meine Berlinale-Tasche. In Gedanken und mit dem Handy, auf dem schon wieder einige Nachrichten eingetrudelt sind, in der Hand laufe ich die Treppe ins Erdgeschoss runter. Nach 50 % Treppe ist mit dem laufen Schluss und rums, ich sitze auf meinem Hosenboden. Schon eilt mir einer der Jungs, die unsere Akkreditierungen kontrollieren, zu Hilfe und versichert mir, nach dem er mir Wasser angeboten hat, dass es schon vielen vor mir so ergangen sei. Ich bleibe noch einige Minuten auf der Treppe sitzen und begebe mich dann ins Kino und lasse mich von deutschen Filmemachern nach Italien entführen, Che bello! Zwischen den Filmen findet ein Q&A statt,
ich höre zu und verabrede mich nebenbei mit Sarah, die auf dem Weg zu den Kurzfilmen ist und später zu mir ins Hyatt stoßen will. Nach den Filmen kehre ich ins Hyatt zurück und frage nach einem Kühlpack, gibt es nicht, stattdessen nimmt sich ein Mitarbeiter die Zeit und überreicht mir nach wenigen Minuten einen riesigen Beutel mit Eiswürfeln. Kurz darauf bin ich zurück im Journalistenschreibzimmer und handle mir einige amüsierte Blicke ein.
16:10 Uhr, CinemaxX Potsdamer Platz. Sarah
Es ist 16:10 Uhr. Ich komme gerade aus einem der Kurzfilmprogramme von 14Plus. Normalerweise schlafe ich wirklich nie bei einem Film ein, nur jedes Jahr bei der Berlinale ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem einfach alles ein bisschen viel ist und man gegen die Müdigkeit auch nicht mehr ankämpfen kann. Ich habe einen dunklen Film mit wenig Text genutzt und meine Augen kurz etwas entlastet, um für die nachfolgenden Kurzfilme wieder wach genug zu sein. Es ist sehr schade, wenn man merkt, dass man den Filmen nicht mehr gerecht werden kann.
Ich habe vor der nächsten Vorführung noch etwas Zeit, bezweifle aber, dass ich ohne Koffeinzufuhr bis dahin durchhalte. Daher entschließe ich mich, dem Hyatt einen Besuch abzustatten, da es in den dortigen Presseräumlichkeiten kostenlosen Kaffee gibt und ich noch etwas an meiner nächsten Kritik arbeiten könnte. Dort wollte ich mich später dann auch mit Mia treffen.
Ich verlasse das Kino, biege einmal kurz ab, laufe ein kurzes Stück und betrete das Hyatt. Überall um mich herum Menschen mit Akkreditierungen. Nach dem Foyer einmal kurz die Treppe hoch, die Akkreditierung vorzeigen, dann direkt wieder rechts den Gang entlang. Rechts von mir der Ticketschalter für die normalen Presseakkreditierten. Einmal links abgebogen und ich komme zu dem Stand, an dem man sich für 2€ Pfand einen Berlinalebecher für den Kaffee leihen kann, wenn man kein eigenes Gefäß dabei hat. Ich gehe wieder ein paar Schritte zurück und eine Barista von Nespresso holt eine Kapsel hervor und bedient die Kaffeemaschine. Während mein Kaffee zubereitet wird, komme ich nicht umhin zu bemerken, dass es doch etwas paradox ist, wenn man sich schon die Mühe gibt, nur noch wiederverwertbare Becher zu verteilen, dann mit dem unter dem Umweltaspekt doch eher zweifelhaften Nespresso zu kooperieren, das zwar bereits versucht nachhaltiger aufzutreten, insbesondere beim Kaffeeanbau selbst, mit den Aluminiumkapseln jedoch trotzdem viel Müll erzeugt, der nicht immer wiederverwertet werden kann. Wirtschaftlich gesehen ist das Konzept von Nespresso sicherlich genial. Lock-In Effekt und so. Doch trotzdem stehe ich ihren Versuchen, verantwortungsvoll zu handeln, allein wegen der ganzen dafür notwendigen Aluminiumproduktion kritisch gegenüber.
Während ich mich mit dem Becher in der Hand auf den Weg zum Schreibzimmer mache, wandern meine Gedanken zu „2040“, der mich so inspiriert hatte. Der Film malt ein Bild davon, wie ein respektvoller Umgang mit den Ressourcen der Erde in Zukunft möglich wäre, und dies allein mit Mitteln und Technologien, die bereits heute existieren. Der Film stimmte mich auch hoffnungsvoll, indem er zeigt, was alles möglich ist. Er verweist aber natürlich auch – was bei dieser Thematik unumgänglich ist – auf die diesbezügliche Verweigerungshaltung vieler Großkonzerne. Es ist schon sehr frustrierend, wenn man bedenkt, wieviel möglich wäre, wenn man mal zusammenarbeiten würde. Wenn alle mal einsehen würden, dass die Erhaltung der Erde doch das wichtigste ist, schließlich können wir ohne sie nicht leben.
Mit dieser Frustration im Hinterkopf wenden sich meine Gedanken „Espero tua (re)volta“ zu. Ich denke an die vielen Jugendlichen, die sich so stark für ihre Interessen in Brasilien eingesetzt haben und es auch immer noch tun. Wie viel Ungerechtigkeit ihnen widerfahren ist und wie sie trotzdem noch für ihre Rechte kämpfen. Was für eine Einheit sie durch ihren gemeinsamen Kampf geworden sind. Wie wichtig es doch ist zusammenzuhalten. Dieser Film war beeindruckend auf Grund ihrer Stärke, schockierend wegen der Ungerechtigkeit aber in erster Linie ungemein inspirierend. Diese Berlinale hat mir insbesondere vor Augen geführt, dass ich mich eigentlich viel mehr noch engagieren möchte. Dass es doch das schönste wäre, sich viel stärker für die Umwelt, für Gleichheit und Gerechtigkeit einzusetzen. Während ich noch darüber nachdenke, sehe ich Mia in der dritten Reihe hinter einem Bildschirm sitzen. Ich bahne mir einen Weg durch die Reihen und falle erschöpft auf den Stuhl neben ihr.
18:00 Uhr, Haus der Kulturen der Welt. Vincent
Von »Guo Chun Tian« sind Sarah und ich nicht wirklich überzeugt. Wir hatten uns mehr politische Haltung und Stellungnahme gewünscht. Irgendwie kann ich die Entscheidungen der Regisseurin und Drehbuchautorin dahingehend auch verstehen. Schließlich wollte sie vielleicht auch einfach nicht das Schicksal zweier anderer chinesischer Festivalbeiträge teilen, die aus »technischen Gründen« nicht gezeigt wurden. Der Raum für Interpretationen könnte nicht größer sein. Während ich darüber nachdenke, begibt sich das Filmteam auf die Bühne und ich denke mir: Wow! Nicht nur die Südkoreaner und Japaner, auch die Chinesen können sich überaus stilbewusst kleiden!
Dezente Farben, schlichte Schnitte, enge, womöglich maßgeschneiderte Anzüge, coole Rollkragenpullis. Dazu perfekt frisierte, glänzend volle schwarze Haare... Ich komme gar nicht mehr aus dem Schwärmen heraus. Gut, dass die Jurys dem obligatorischen Q&A nicht beiwohnen dürfen, ihre Entscheidungen sollen schließlich nicht durch diese angenehmen optische Reize manipuliert werden können.
Apropos optische Reize: Sitzt meine Akkreditierung richtig?
Oh nein! Die Karte hat sich mal wieder von alleine umgedreht.
Wen interessieren schon die tollen Sponsoren auf der Rückseite, wenn man alternativ in mein lachendes Gesicht blicken darf? Dass ich auf dem Foto gerade in Machu Picchu bin, kann man auch noch gerade so erkennen. Wie cooool!
...Ach, kommt schon! Ich darf schließlich auch einmal im Jahr zeigen, was für ein fresher Dude ich doch eigentlich bin. Dafür gibt´s für den Rest des Jahres wieder ausreichend Bescheidenheit, versprochen! Und, wenn man ehrlich ist, ist der Presseausweis auch da, um sich, wie der Name schon sagt, auszuweisen und ich hatte nun mal kein anderes Foto von mir auf dem Handy.
Also doch gar nicht mal so angeberisch wie anfangs gedacht, oder?
21:07 Uhr, Cinestar Potsdamer Platz. Liv
Ich sitze in der Bar des Cinestar Kinos am Potsdamer Platz und warte auf Carlotta und Rima Das - die Regisseurin von „Bulbul can sing“. Ich schaue den Journalisten und Kinobesucher zu, die durch das Kino hetzen. Am Eingang des Kinos sitzt mein Freund und kontrolliert die Tickets der Besucher. Ich finde er sieht gut aus in seinem roten Jacket. Ich muss lächeln. Dann stehen plötzlich die Regisseurin Rima Das und ihre PR Agentin vor mir. Rima war nach dem schönen Interview, das wir vorgestern mit ihr gemacht haben sehr berührt und möchte jetzt mit Carlotta und mir ein Video aufnehmen, in dem wir über ihren Film sprechen. Wir reden einige Minuten, dann sehe ich, wie Carlotta auf uns zukommt.
Freitag, 10:50 Uhr, Zoopalast. Klara
Kurz bevor der Film zu Ende ist mache ich mich auf den Weg ins Kino. Und sobald der Abspann durchgerollt ist, hocke ich vor der Bühne. Dort bin ich dieses Jahr oft nicht allein, sondern treffe unsere neu errungene Fotografin Anna-Lou. Während des Publikumsgespräches geben wir beide unser Bestes, einzelne Momente und Jeden auf der Bühne einzufangen. Wenn ich nicht gleich wieder auf den roten Teppich muss oder ins nächste Publikumsgespräch, suche ich nach dem Rest unsere Reporter Gruppe, um ein paar Eindrücke zu dem Film zu bekommen und zu hören, wie es mit den anderen freien Generation Reportern läuft.
Abends im Bus auf dem Weg nach Hause fällt mir auf, wie sehr ich die Gespräche und auch Diskussionen mit den anderen freie Generation Reportern vermisse. Sich nach dem Film über das Gesehene und Erlebte zu unterhalten, stößt bei mir oft den Verarbeitungsprozess erst an.
11:53 Uhr, Haus der Kulturen der Welt. Sarah
Wie häufig in den letzten Tagen waren Vincent und ich gemeinsam in der Morgenvorstellung. Da unser nächster Film am Potsdamer Platz gezeigt wird, machen wir uns auf den Weg durch den Tiergarten. Während unseres Gesprächs kommen wir auf Beol-Sae. Vincent war gestern in dem Film, er ist immer noch zutiefst beeindruckt und empfiehlt ihn mir wärmstens. Er erzählt, dass eine Frau im Publikumsgespräch eine Frage bezüglich der lesbischen Beziehung gestellt hatte, was ihn irritierte, da es in erster Linie darum ging, dass sich zwei Personen gern haben, weniger darum, dass sie beide Mädchen sind. Wir kommen zu dem Schluss, dass unsere Gesellschaft einfach noch nicht weit genug ist, Beziehungen zweier Mädchen oder zweier Jungen als völlig normal zu akzeptieren. Fast zwangsläufig werden immer Fragen diesbezüglich gestellt, selbst wenn durch die Filmemacher keine zusätzliche Intention als die zweier Liebender dahinter steckt. Vermutlich ist es ein wichtigeres Zeichen, wenn so etwas nicht mehr explizit hervorgehoben wird, weil es dann nichts besonderes mehr darstellt, sozusagen normal ist.
„Übrigens habe ich deine Kritik zu By The Name of Tania gelesen.“, fährt Vincent fort, „Es ist schön zu wissen, dass ich in meinen Ansichten nicht alleine bin.“ Da ich mich in meiner Kritik über Tania etwas ausgelassen habe, bin ich über die Bestätigung dankbar. Es ist immer ein schöner Moment, wenn man auf seine Kritik angesprochen wird, eigene Ansichten und Interpretationen bestätigt werden. Wir vertiefen uns in eine Diskussion über den Film, von dem wir beide so viel mehr erwartet hatten. Wir stellen fest, dass er so, wie er präsentiert wurde, leider einfach nicht funktioniert. Wir sind beide der Meinung, dass es zwar um einiges härter gewesen wäre, Mädchen zu porträtieren, die ihre eigene Geschichten erzählen. Dennoch wäre nur dies eine Möglichkeit, das Publikum nachhaltig zu berühren und zu schockieren. Wenn man dies nicht möchte, ist die Umsetzung eines solchen Films quasi nicht möglich. Mit Liv war ich am Vortag zu einem ähnlichen Schluss gekommen. Tatsächlich wirkt der Film für mich, je länger ich drüber nachdenke, immer schlechter und enttäuschender.
Vincent und ich denken zurück an Filme vergangener Jahre. Es fällt uns nicht schwer, ein paar wenige ganz besonders Herausragende und Bedrückende zu nennen: Royahaye Dame Sobh, Life on the Border, Sairat und in diesem Jahr Rekonstruktion Utøya. Vincent hat ihn noch nicht gesehen. Also erzähle ich ihm von der bedrückenden Stimmung im Saal nach dem Film. Eine Stille wie man sie selten erlebt. In der man sprichwörtlich eine Nadel hätte fallen hören können. Nachdem alle den Abspann genutzt hatten, um sich halbwegs wieder zu fangen, zu fassen, droht jetzt im Publikumsgespräch die Gefahr eines erneuten Ausbruchs. Zwei der Überlebenden, die sich im Film öffnen, um über diesen schrecklichen Tag zu berichten, stehen auf der Bühne, gemeinsam mit dem Regisseur. Bei jeder Frage hofft man, dass nichts Falsches gesagt wird. Ich erzähle, wie ich selbst nach einem weiteren Film direkt im Anschluss noch völlig niedergeschmettert war, dieser Film mich bis in den Abend verfolgt hat und ich auch jetzt noch vollkommen niedergeschlagen und zutiefst beeindruckt bin, wenn ich an diesen Film denke. Es ist schwer in Worte zu fassen, wie Liv, Clara und ich direkt nach dem Screening im Zoopalast stehen, im Versuch uns wiederzufinden, Clara unsicher, wie sie dieses Interview machen soll. Ich kann sie gut verstehen.
Während wir den Tiergarten verlassen und uns langsam dem Potsdamer Platz nähern, bin ich wieder ganz in Gedanken. An die vielen Jugendlichen auf der Insel, in völliger Panik. Die mit ansehen müssen, wie ihre Freunde exekutiert werden. Die auch durch Schwimmen nur wenig Aussichten auf ein Entkommen haben. Wo eine Freundin ihre Freundin in Todesangst in einem Zaun, in dem sie sich verfangen hat, zurücklässt. Und ich denke auch an den Mut der Teilnehmenden des Films, sich so mit ihren traumatischen Erfahrungen zu konfrontieren.
12:30 Uhr, Zoopalast. Mia
Ich bin grade aus „Kinder“ gekommen und bin noch verzückt von einigen Sprüchen der porträtierten Kinder. Doch daran kann ich kurz darauf schon keinen Gedanken mehr verschwenden, nein, es geht gleich weiter zum Potsdamer Platz, besser gesagt zum Berlinale-Palast. Als ich ankomme, wartet schon Anna-Lou auf mich. Kurz davor bin ich noch schnell ins Presseoffice gesprungen und habe mir Tickets für den nächsten Tag geholt. Gefühlt 2 Momente später stehen wir im Aufzug und fahren zu unserem verabredeten Interview. Ein sehr interessantes Interview und einige Fotos später befinden wir uns schon auf dem Weg zu Britta. Ich muss nämlich noch nachgeorderte Tickets abholen und Anna-Lou hat noch Zeit und braucht eh eines der Tickets. Nach einem kurzen Plausch, über das Interview und einige Filme, verlassen wir das Gebäude wieder und ich beeile mich, um es pünktlich zu den Kurzfilmen zu schaffen.
16:54 Uhr, Haus der Kulturen der Welt. Vincent
Ich sinke immer tiefer in den Sessel, meine Augenlider schließen sich.
Huch! Habe ich etwas verpasst? Eigentlich kann das gar nicht sein.
»Une colonie«, den kplus-Gewinnerfilm habe ich nämlich leider schon zuvor gesehen. Ein guter Kinderfilm, der in meinen Augen aber viel zu konventionell erzählt und dadurch ziemlich vorhersehbar ist und einige spannende Themen nur ankratzt, anstatt sie konzentriert ins Auge zu nehmen.
Wer soll mir meine Müdigkeitsanfälle also verübeln?
Am Vorabend um 3 Uhr nachts ins Bett zu gehen, trägt auch nicht wirklich zu meiner Aufmerksamkeit bei. Richtig zu schlafen fällt mir dann aber doch irgendwie schwer. Nicht, weil ich nicht müde genug bin oder mich um kritische Blicke kümmern würde. Ich kann einfach nicht richtig abschalten, wenn vor mir das Zelluloid flimmert. Ich muss das dann irgendwie doch noch mitbekommen.
17:00 Uhr, Haus der Kulturen der Welt. Moritz
Wie auch beim lieben Vincent klappen meine Augen beim Gewinnerfilm ziemlich oft immer wieder zu. Andere Filme, wie „Kinder” oder „Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess”, waren meiner Meinung nach deutlich überzeugender, weniger oberflächlich und interessanter erzählt. Maryanne Redpath, die Leiterin der Sektion, ist leider krank und kommt nicht zur Preisverleihung. Es ist sehr schade und komisch, sie nicht auf der Bühne und moderieren zu sehen. Sie versprühte in den letzten Jahren immer Positivität und vervollständigt die Berlinale mit ihrem besonderen und einzigartigen Touch. Ihr Co-Moderator Tobi, bekannt als Checker Tobi, bemüht sich sehr und moderiert die Preisverleihung alleine. Sehr enttäuschend!
Auf die Leinwand und den Film kann ich mich wegen der schrecklich unbequemen Stühle des HKWs als auch wegen enormen Schlafmangels der letzten Woche wenig konzentrieren und lasse stattdessen die letzten Tage revue passieren. Während des täglichen Schulalltages, mit Hausaufgaben und Klausuren noch vor einigen Stunden, haben mich, wie schon letztes Jahr, leider nur wenige Filme überzeugt und in ihren Bann gezogen. Hinzu kommt dieses Jahr die Kritik an einigen Filmen, welche Carlotta ganz wunderbar in ihrem Artikel vom Valentinstag erläutert. Ich stimme ihr hier vollkommen zu.
01:31 Uhr, Oranienplatz. Liv
Ich sitze in meinem Bett und schreibe an meiner Kritik zum K+ Film „Where we belong“. Es fällt mir schwerer als sonst die passenden Worte zu finden. Der Film hat mich emotional und künstlerisch stark beeindruckt und ich habe das Gefühl meine Worte werden dem Erlebten nicht wirklich gerecht. Ich bin müde – sehr müde. Nicht nur mein Körper, auch mein Kopf will schlafen. Die Eindrücke und Emotionen den letzten Tagen tanzen in meinem Kopf herum und geben keine Ruhe. Es sind schöne und traurige Bilder – glückliche und schockierende. Viele zeigen das Leiden unserer Welt und doch scheint immer die Hoffnung durch die Dunkelheit. Wie die Sonnenstrahlen, die jetzt wo der Winter sich dem Ende neigt, die Hauptstadt zu neuem Leben erweckt.
Mittwoch, 20.02, 14:11, Zoologischer Garten. Clara
Ich bin auf dem Weg zur Uni, mit dem Fahrrad, da die Sonne endlich mal wieder scheint. Als ich vom Breitscheidtplatz links in Richtung Zoo abbiege, streift mein Blick traurig auf die Fassade des Zoopalastes, von der nun wieder ein großes Marvel Plakat prangt. Nichts mehr vom großen, eindrucksvollen Berlinalebären zu sehen. So schnell wie die Berlinale gekommen war, ist sie auch schon wieder vorbei. Ich muss noch einmal zurückdenken an all die fabelhaften Filme und schönen Momente der letzten Woche. An den Tag der Eröffnung, an dem wir alle wieder das jährliche Kribbeln verspüren konnten, an Filme wie “espero tu(a) revolta” oder “2040”, die mich so inspiriert haben, an Interviews und tolle Gespräche mit Filmteams. An jedes frühe Aufstehen, um (nicht immer) pünktlich um neun am Potsdamer Platz zu sein, um überhaupt noch Pressetickets zu bekommen, an die tollen Gespräche über Filme und alles mögliche, die wir beim Warten in der Schlange oder beim hin- und her Hasten vom Zoo zum HKW hatten. An all die langen Nächte, in denen ich die Filme revue passieren lassen habe und an Artikeln saß, um sie fertig zu bekommen, bevor der nächste Tag mit so vielen neuen Eindrücken aus Filmen kam.
An all das muss ich denken und mir wird wieder ganz warm ums Herz. Zwar fühle ich noch immer ein wenig die Erschöpfung aus der letzten Woche, denn diese zehn Tage Berlinale sind doch immer ganz schön auszehrend, aber ich bin so dankbar und glücklich darüber Teil des Teams zu sein, all diese wundervollen Momente erleben zu dürfen. Die Berlinale ist zwar grade erst vorbei, aber schon jetzt kann ich die nächste kaum abwarten.
Anmerkung
Die beschriebenen Geschichten sind in ihrer Zusammenstellung fiktiv. Dennoch spiegeln sie wider, was wir während der Berlinale erlebt und empfunden haben, wenn auch vielleicht nicht an den oben genannten Tagen.
Di Yi Ci De Li Be
For English Version
Ich werde rein geschmissen in die Welt der drei Charaktere, die mir ihre Welt in einem uigurischen Dorf zeigen. Uiguren. Menschen lebend in der Region Xinjiang im Nordwesten Chinas, die eine schwierige Vergangenheit hinter sich haben und deren politische Lage noch immer unruhig ist. Sie ist geprägt von Unterdrückung durch China, vor allem von dort lebenden Muslimen, bestehenden „Umerziehungslagern“ mit mehr als einer Million Uigurern die dort willkürlich festgehalten werden (Angabe eines UN-Menschenrechtgremiums), teilweise schweren Kämpfen und Terroranschlägen.
Und doch ist die Welt, die in Di Yi Ci De Li Be gezeigt wird eine ganz andere, ich kriege kaum ein Gesamtbild von der politischen Situation gezeigt, sondern sehe das Leben dort durch die Augen der Kinder. Diese sind leider auch mit jeder Menge schwerer Thematik und Verantwortung konfrontiert und doch spielen Dinge in ihrem Leben eine Rolle, die uns allen bekannt sind. Es geht um Freundschaft, Herumstreunen, Spielen, die Liebe zum kleinen Ziegenkitz, und vor allem, um die Liebe zur Familie. Ich fühle mich verbunden zu den Charakteren, was auch dadurch kommen mag, dass die Kinder sehr echt spielen. Teilweise schon zu gut können sie auch Trauer und Schmerz darstellen, das tut weh zu sehen. Es ist eine ruhige Welt und durch fast statische Bilder, sehe ich viel von der Landschaft und vom Alltag der Dorfbewohner. Wir sehen sie beim verdienen des Lebensunterhalts, der Baumwollernte, beim Tiere versorgen, sie schlachten und opfern, beim Maiskörner trennen, beim Kochen und Essen. Die Kinder lieben das Leben auf dem Land, es ist ihre Heimat, dort ist die Familie. Und doch gibt es kaum Arbeit und gute Schulen, die meisten sprechen kein chinesisch und werden deswegen diskriminiert oder finden sich im Leben außerhalb der Dorfgemeinschaft nicht zurecht.
Der Film ist ein spannendes Portrait bei dem die Kinder der Geschichte sehr ernst genommen werden. Nur leider bekomme ich das Gefühl, dass das bei den Zuschauer nicht ganz der Fall ist . So gibt es super kitschige, unauthentische, zu offensichtliche Dialoge, die jede Situation genauestens erklären, die doch eigentlich so selbsterklärend ist und zudem den Film dabei leider viel zu lang werden lassen. Es ist schade, dass nicht auf die Wirkung der Bilder und die Stärke der Charaktere vertraut wird. Denn allein diese schaffen es allemal, mich zu berühren!!
I get thrown into the world of the three main characters, that show me their life in an Uyghurian village. Uyghurs. People living in the region of Xinjiang in the north-west of China, that have a quite difficult past and still unstable political situation. It is shaped by the oppression through China, affecting mostly muslims. The existing of “readucation camps”, where more than a million of people are under arbitrary arrest (declaration of an UN-human-rights-council) are still a reality, as well as conflicts and terrorist attacks.
But the world that is shown in Di Ci De Li Be is quite a differing one, since I do not really get an overview over the situation, but see the world there through the kids' eyes. Sadly, they are also confronted with a lot of heavy decisions and quite the responsibility, but at the same time, things we all know play a great part as well. The movie is about friendships, prowling around, playing games, the love for the small goat kid and, mostly, about love for your family. I feel connected with the characters, what might be enhanced by the child actors, that act so well! Sometimes it even hurt, how well they could portray pain and sorrow. The world they are in is a very calm one and through almost static pictures I see a lot of the landscape and everyday life of the villagers. We see them making a living by picking cotton, taking care of their animals, even butchering and sacrificing them, we see them separating corn, cooking, eating. The kids love their life on the countryside, it is their home, it is where their family is. On the other hand though, almost no proper work and good education is available, most Uyghurs do not speak Chinese and get discriminated for it or can't find their way outside of the village community.
The movie is a wonderful portrait where the children are taken seriously. Unfortunately though, I can not say the same about the audience. Throughout the whole movie there are kind of corny, inauthentic dialogues, explaining every detail of every situation, even though it would not be needed, thereby making the movie way too long. It is sad, that the filmmakers didn't trust in impact of the pictures and the strength of the characters. Because they could have!!
Ich werde rein geschmissen in die Welt der drei Charaktere, die mir ihre Welt in einem uigurischen Dorf zeigen. Uiguren. Menschen lebend in der Region Xinjiang im Nordwesten Chinas, die eine schwierige Vergangenheit hinter sich haben und deren politische Lage noch immer unruhig ist. Sie ist geprägt von Unterdrückung durch China, vor allem von dort lebenden Muslimen, bestehenden „Umerziehungslagern“ mit mehr als einer Million Uigurern die dort willkürlich festgehalten werden (Angabe eines UN-Menschenrechtgremiums), teilweise schweren Kämpfen und Terroranschlägen.
Und doch ist die Welt, die in Di Yi Ci De Li Be gezeigt wird eine ganz andere, ich kriege kaum ein Gesamtbild von der politischen Situation gezeigt, sondern sehe das Leben dort durch die Augen der Kinder. Diese sind leider auch mit jeder Menge schwerer Thematik und Verantwortung konfrontiert und doch spielen Dinge in ihrem Leben eine Rolle, die uns allen bekannt sind. Es geht um Freundschaft, Herumstreunen, Spielen, die Liebe zum kleinen Ziegenkitz, und vor allem, um die Liebe zur Familie. Ich fühle mich verbunden zu den Charakteren, was auch dadurch kommen mag, dass die Kinder sehr echt spielen. Teilweise schon zu gut können sie auch Trauer und Schmerz darstellen, das tut weh zu sehen. Es ist eine ruhige Welt und durch fast statische Bilder, sehe ich viel von der Landschaft und vom Alltag der Dorfbewohner. Wir sehen sie beim verdienen des Lebensunterhalts, der Baumwollernte, beim Tiere versorgen, sie schlachten und opfern, beim Maiskörner trennen, beim Kochen und Essen. Die Kinder lieben das Leben auf dem Land, es ist ihre Heimat, dort ist die Familie. Und doch gibt es kaum Arbeit und gute Schulen, die meisten sprechen kein chinesisch und werden deswegen diskriminiert oder finden sich im Leben außerhalb der Dorfgemeinschaft nicht zurecht.
Der Film ist ein spannendes Portrait bei dem die Kinder der Geschichte sehr ernst genommen werden. Nur leider bekomme ich das Gefühl, dass das bei den Zuschauer nicht ganz der Fall ist . So gibt es super kitschige, unauthentische, zu offensichtliche Dialoge, die jede Situation genauestens erklären, die doch eigentlich so selbsterklärend ist und zudem den Film dabei leider viel zu lang werden lassen. Es ist schade, dass nicht auf die Wirkung der Bilder und die Stärke der Charaktere vertraut wird. Denn allein diese schaffen es allemal, mich zu berühren!!
24/02/19, Carlotta Saumweber
A First Farewell
I get thrown into the world of the three main characters, that show me their life in an Uyghurian village. Uyghurs. People living in the region of Xinjiang in the north-west of China, that have a quite difficult past and still unstable political situation. It is shaped by the oppression through China, affecting mostly muslims. The existing of “readucation camps”, where more than a million of people are under arbitrary arrest (declaration of an UN-human-rights-council) are still a reality, as well as conflicts and terrorist attacks.
But the world that is shown in Di Ci De Li Be is quite a differing one, since I do not really get an overview over the situation, but see the world there through the kids' eyes. Sadly, they are also confronted with a lot of heavy decisions and quite the responsibility, but at the same time, things we all know play a great part as well. The movie is about friendships, prowling around, playing games, the love for the small goat kid and, mostly, about love for your family. I feel connected with the characters, what might be enhanced by the child actors, that act so well! Sometimes it even hurt, how well they could portray pain and sorrow. The world they are in is a very calm one and through almost static pictures I see a lot of the landscape and everyday life of the villagers. We see them making a living by picking cotton, taking care of their animals, even butchering and sacrificing them, we see them separating corn, cooking, eating. The kids love their life on the countryside, it is their home, it is where their family is. On the other hand though, almost no proper work and good education is available, most Uyghurs do not speak Chinese and get discriminated for it or can't find their way outside of the village community.
The movie is a wonderful portrait where the children are taken seriously. Unfortunately though, I can not say the same about the audience. Throughout the whole movie there are kind of corny, inauthentic dialogues, explaining every detail of every situation, even though it would not be needed, thereby making the movie way too long. It is sad, that the filmmakers didn't trust in impact of the pictures and the strength of the characters. Because they could have!!
24th February 19, Carlotta Saumweber
Über nackte Körper und bunte Perlen
Liv
For English VersionDieses Jahr zeigte Generation 14+ im Rahmen einer Cross-Section eine Auswahl an Kurzfilmen der Sektion „Berlinale shorts“. Unter dem Titel „And you make the world what you really want it to be: Love“ hat die Kurzfilm Sektion der Berlinale fünf Filme aus ihren Programm ausgewählt, die nun einem jungen Publikum präsentiert werden. Zwei Filme dieses Programmes sind besonders sehenswert!
Nackte Körper
Der spanische Kurzfilm „Suc de Síndria“ von Irene Moray behandelt ein intimes Thema auf eine wunderschön ehrliche Weise. Wir sehen ein junges Paar beim Sex. Die Augen der jungen Frau leuchten, doch sie kommt nicht zum sexuellen Höhepunkt. Liebevoll wollen die beiden sich gegenseitig befriedigen, aber für Barbara bleibt der Orgasmus aus. Der Grund dafür: sie wurde vor einigen Jahren vergewaltigt. Ehrlich und unaufdringlich behandelt der Film ein wichtiges Thema, über das in unserer angeblich „aufgeklärten“ Gesellschaft gerne geschwiegen wird: sexuelle Befriedigung der Frau ist nicht immer leicht, besonders wenn sie in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht hat. Die Kamera scheut sich nicht die nackte Haut der jungen Menschen zu zeigen, tut dies aber sehr respektvoll. Es ist was es ist: nackte Haut – nicht mehr und nicht weniger. Es ist unglaublich bereichernd das Thema sexuelle Befriedigung auf eine so ehrliche Art und Weise auf der Kinoleinwand zu sehen. Ich finde es gerade gut, dass dieser Film einem jungen Publikum gezeigt wird! Gewalt, Blut und Hass sehen Kinde und Jugendliche schon im frühen Alter auf der Kinoleinwand. Sobald aber ein nackter Körper zu sehen ist schreien alle laut auf. Warum eigentlich? Was ist schlimm daran nackt zu sein? Filme wie „Suc de Síndria“ können jungen Menschen ein ehrliches Bild davon vermittelt was Sex ist: etwas, dass nicht funktioniert wie im Porno, sonder etwas, dass wunderschön ist, wenn man sich vertraut. Zurecht ernennt die Berlinale Shorts-Jury „Suc de Síndria“ zum Kandidaten für die European Film Awards 2019.
Bunte Perlen
Der zweite sehr gelungene Kurzfilm aus diesem Cross-Sektion-Programm ist die Dokumentation „All on a Mardi Gras Day“. Ungestellt, aber beeindruckend gibt dieser Film eine von unzählige Antworten auf die Frage: Wer sind die Indianer? Jedes Jahr feiert die indigene Bevölkerung der USA in New Orleans den „Mardi Gras Day“. In einem monatelangem Prozess nähen Männer von 41 unterschiedlichen Stämmen ein individuell entworfenes Kostüm aus Perlen und Federn. Mit bunten Farben und lauter Musik feiern sie die Wurzeln ihrer Herkunft. Nach dem Fest werden die Kostüme zerstört und der Prozess des Nähens fängt von vorne an. Es ist schön ein so glückliches Bild der indigenen Bevölkerung der USA auf der Kinoleihwand zu sehen. „All on a Mardi Gras Day“ zeigt wie Kreativität und Musik Menschen verbinden kann. So spürt auch der Zuschauer die Lebensfreude der Protagonisten auf der Leinwand.
23.02.19, Liv Thastum
Naked bodies and colorful beads
This year Generation 14+ showed a selection of short films from the "Berlinale shorts" section. Under the title "And you make the world what you really want it to be: Love", the short film section of the Berlinale has selected five films from its programme which will be presented to a young audience. Two films out of this programme are outstanding!
Naked bodies
The Spanish short film "Suc de Síndria" by Irene Moray deals with an intimate topic in a beautifully honest way. We see a young couple having sex. The young woman's eyes glow, but she does not reach sexual climax. Lovingly the two want to satisfy each other, but Barbara is not having an orgasm. The reason: she was raped a few years ago. Honestly and unobtrusively the film deals with an important topic, which is often kept quiet in our supposedly "enlightened" society: sexual satisfaction of the woman isn't always easy, especially if she has been treated badly in the past. The camera is not afraid to show the naked skin of the young people. The pictures are respectfull and honest. It is what it is: naked skin - no more and no less. It is incredibly enriching to see the subject of sexual satisfaction in such an honest way on the big screen. I think it is great that this film is shown to a young audience! Violence, blood and hatred are what children and young people see in cinema from an early age. But as soon as there are pictures of a naked body, everyone screams out loud. But why? What is wrong about being naked? Films like "Suc de Síndria" can give young people an honest picture of what sex is: something that doesn't function like porn, something that can be very beautiful when you can trust each other. The Berlinale Shorts jury rightly nominates "Suc de Síndria" as a candidate for the European Film Awards 2019.
Colorful beads
The second very beautiful short film of this cross-section program is the documentary "All on a Mardi Gras Day". In a natural, but at the same time impressive way this film gives one of countless answers to the question: Who are the Indians? Every year the indigenous people of the USA celebrate "Mardi Gras Day" in New Orleans. In a process that lasts for months, men from 41 different tribes sew an individually designed costume made of pearls and feathers. With bright colours and loud music they celebrate the roots of their origins. After the festival the costumes are destroyed and the sewing process starts all over again. It is nice to see such a happy picture of the indigenous population of the USA on the big screen. "All on a Mardi Gras Day" shows how creativity and music can connect people. In this way the viewer also feels the love for life of the protagonists on the screen.
23.02.19, Liv Thastum
An interview with the team of "The Body Remembers When the World Broke Open"
Mia
After one of the screenings of "The Body Remembers When the World Broke Open" I had the chance to sit down with actress Violet Nelson and directors Elle-Máijá Tailfeathers and Kathleen Hepburn and talk about their movie, which is addressing a very important topic.fGR: How did you come up with the idea for the movie?
EMT: So the film is inspired by an experience that I had and this experience was very similar to what happened in the film. We fictionalized a lot of it in the film but the experience is very similar to what you see in the film. I mean that encounter with this young woman forever changed me and I still think about her often. So anyway, I wanted to do something with the story and decided that I wanted to turn it into a film shot in real time so the audience would just sit with these two women for that amount of time. Having done mostly documentary and a lot of narrative but wanting to turn this into a feature film, I felt that it would be necessary to collaborate with another director. Kathleen has been a friend for years and I really admire her work. I think she just has a profound respect for Indigenous people. Tyler, one of our producers, is Métis-Canadian and also Kathleen’s partner and so Kathleen has an understanding of issues effecting Indigenous people. And I enjoy co-directing and I enjoy collaborating and I feel like women can achieve great things when they work together. And so I reached out to Kathleen and Tyler and pitched the idea of doing this film together and they immediately said yes, and that was just over two years ago and here we are.
fGR: How long did it take you to really write the script and also to shoot the film?
EMT: Kathleen and I co-wrote and co-directed so it was very equal division of that labour. How long did it take us to write the script?
KH: It was very fast, I think it was probably about 9 months to get to the shooting draft I would say. And we had started applying for funding in the meantime, so it all happened very quickly. We shot last spring. We shot the film in eight days which is very fast as well. Because of the nature of the way we were filming…
fGR: So you already talked in the Q&A a bit more about how you shot the film. Could you tell me a bit more about it for the readers?
KH: Sure. So as Máijá (director Elle-Máijá Tailfeathers) said, we wanted to make a film in real time, which for us allowed the actors to have a more theatrical experience, a greater more in-depth process for them especially for Violet who played Rosie because it was her first acting role. So we really wanted to give her that emotional experience, so we wanted to shoot the film in one take. But because we also wanted to shoot on 16 mm that made it virtually, impossible, well not virtually literally impossible, because we only had 11 minute reels. So our cinematographer came up with this approach of real time transitioning, where we had 13 predefined stitch points so the actors could continue the performance and he would switch cameras at a specified stitch point and do a transition at that point. So it sort of continues for the actors with 13 cuts for the camera.
fGR: That is very interesting! And you said you did not do any acting before. Did you were involved in the writing process like did you develop something together after the script was done? Or was it just set? (asking actress Violet Nelson)
KH: She did!
EMT: So we rehearsed with Violet for four weeks. We had the script written and then she came in and we rehearsed for four weeks. But it was integral for us that Indigenous youth, especially young Indigenous women, especially those who’ve been through foster care were part of our creative process. So we held a workshop with young Indigenous women, who’ve been through foster care, who helped us with the script. They gave us feedback and it was a really wonderful experience to have these young women in the room. And then we also hired 11 Indigenous youth in all the key departments to work on the film in a collaborative way. So yeah, there was definitely support and influence from Indigenous youth in the process of writing and developing the story. We cast Violet in February and then went into rehearsal not long after that.
fGR: Beside you’re experience (Elle-Máijá Tailfeathers) and your past with your mum and your own experiences (Violet Nelson) do you know a lot of women who have a similar past or is it common?
EMT: I think it’s very common, despite the story being about Indigenous women and violence against women, particular with intimate partners, is a huge issue worldwide. In our process of just learning more about the issue, Kathleen and I have very loving relationships with our partners you know we had to learn a lot about it. And something that we learned is that I guess one of the most frightening statistics is that 70% of the women who are murdered by an intimate partner are murdered after they leave. So if you think about the thought process that is going inside say Rosie’s character's head, that it’s potentially more dangerous to leave him, because she risks her life, than it is to stay and endure violence in that way.
fGR: So is there a plan to bring the movie to Canadian theatres or theatres somewhere else? Because it’s really important to show it to a bigger audience!
KH: Yeah, definitely! We’ll start with our Canadian theatrical run and most of the festivals kick off in the fall of next year so we’ll try to bring it to as many festivals as we can. And we work with the national broadcaster, CBC, so it will be eventually broadcast on their network but we do hope to have a theatrical run. And get it out to as many communities as we can and show it in institutions and wherever we can.
fGR: And is there any new project you’re already working on together or on your own?
KH: I’m just in the very early stages of writing, so I guess it’s too soon to talk about it. But Máijá has a documentary…
EMT: Kathleen is also writing a lot of scripts for different people, I don’t know how she does that. She is writing however many scripts for other people because she is a very sought-after writer, she is obviously brilliant and people should go and see her first feature. And I’m working on a feature length documentary with the National film board of Canada about addiction and the way that my community on the blood reserve in Canada is responding to the opium crisis. So it’s been almost three years and we’re aiming to be finished by fall so it’s been a long process.
fGR: And my last question would be for you (Violet Nelson)! Do you have any plans to act in the future or do you have other plans for your future? What do you want to do?
VN: Well, I do want to continue with acting. Máijá and Kathleen helped me find an agent and to get head-shots and to become a Union member and they’re just really caring, that they wanted to help me to continue with this career. But I also want to be a youth-worker, with Aboriginal youth in high-schools. And I really like working with other youth because I find that I have a connection with them and I've already had deep conversations with other youth. And I don’t try to get into those conversations I ask some simple questions like “What kind of music do you like?” and then they tell me the story behind why they like that music. And it goes into this really deep conversation that will kind of relate back to their story. And that’s why I want to be a youth-worker… I work very good with youth and children. So I want to continue acting, just so that I can show other youth that they can do whatever they feel that they need to do. As long as they put their mind to it and that nothing is impossible.
Thank you very much for the interview and I also think that you did a great job! I liked it and it felt so real! It was emotional for me, not in the way that I could really connect to the problem because I never experienced something like that, but I think it was still emotional, because you get to think more about the problem and what other women have to go through. So thank you and good luck for your plans and projects!
23.02.19, Mia Ansorge
An Interview with Sam de Jong (director of "Goldie")
Mia
During the Berlinale I met Sam de Jong, director of Goldie, at the Marriott hotel and sat down with him to talk about his film, future projects and if there ever was a "Plan B" for him?fGR: How did you meet Slick Woods?
SdJ: So Slick was introduced to me by the casting directors, cause I like to meet people and actors early on in the writing stage of the project. They set up a meeting with her, cause they felt that what I was working on had a lot of mutual ground with who she was and her life story. And then I met her and she really liked my previous work and the project and shared her journey with me and we managed to incorporate that in the movie. After that I wrote a few more drafts of the screenplay - knowing Slick would be Goldie.
fGR: So it was like a mixture of you having this idea and then combining this with her experiences?
SdJ: Yeah, exactly.
fGR: Okay! And do you know if she will be acting in another movie?
SdJ: I think she wants to, but she said like “I want to play a bus driver or something different…”, because I think she was processing a lot while filming and that was pretty impactful.
fGR: Did you intended to use these aggressive scenes within the family as a stylistic device or were they only to show what really happens in the family?
SdJ: I think it was mainly to show the two modes in her life, because I think it’s important that you understand that dreams about her career are perceived as a way out of a situation that is not pleasing to the family as a whole.
fGR: And which message would you like to send to the (American) audience? Is there anything you have on your mind?
SdJ: I think what Slick and I were talking about is that although in real life she found salvation in pop culture it is not accessible to everyone. Although the idea in the US and in the West is that there is this equality of opportunity for people and I think that clearly isn’t if you’re young and you have to deal with such issues… I think the movie shows the obstacles and difficulties of pursuing you’re dreams in a society that’s not completely equal to everyone.
fGR: Why did you decide to not show what Goldie’s next steps are although you could have made a blend into the future? For example one month later: she is working at a coffee bar and still post’s pictures on Instagram.
SdJ: Yeah, but I think her life is moving so rapidly and quickly. The movie is set over the course of three days, so if you want to be truthful to what happens… There is happening a lot already and I also think there is no resolution yet and I think that’s what we’re trying to convey with the structure of the film.
fGR: How long did it take you to make this movie? Starting from the first idea…
SdJ: Four years.
fGR: Have you been doing something else in between?
SdJ: Well you have to process your experiences and observations – I did a lot of research in the script writing phase. Whenever you craft a new draft of a script, whenever you submit it there is like a few months before you get feedback. In the meantime I need to make enough money to get by, so that means doing commercials now and then and starting future writing projects, just finding future things to work on.
fGR: Would you say that you formed a team around you that helps you with all the projects or at least the movies? Or is it always different?
SdJ: No, I have my Dutch family that I work with, but this was all American. So by now I have my European home that I’m developing a new project with and at the same time I have people in the US that I work with. So I have those two things that I’m working on simultaneously.
fGR: Can you already tell us something about the movie that you’re working on?
SdJ: So the new movie is set around ivory trade and it will be a Dutch/German/South African co-production.
fGR: So the project is just starting?
SdJ: I’m getting feedback on the script now and it will be two more years, I think, before we can shoot it. And we still need to get it financed…
fGR: Do you know know if “Goldie” might be shown in German cinemas?
SdJ: I don’t know yet - I really hope so and will try and will discover that when I go and meet my sales agent later. But it’s a hard industry and there are many movies, there are like 400 here in Berlin. (at the Berlinale 2019) So I’m hoping for the best.
fGR: Was there any other option beside making movies and commercials? Did you have a “Plan B”?
SdJ: No, because I just can do this. I want to farm mussels or oysters but I don’t have the skills yet, so for now it’s just making movies.
fGR: When did you start making movies?
SdJ: When I was 18-years-old and then graduated from film school in 2013. So now I’ve been making movies as an adult for six years.
Thank you very much for the interview!
19.0219, Mia Ansorge
Flucht aus der Wirklichkeit
Clara
eine Kritik zu „The Magic Life of V“For English Version
„The Magic Life of V“ begleitet Veera mehrere Jahre lang auf dokumentarische Form in ihrem Leben. Während man in den ersten Minuten nur verwirrt dem Geschehen auf der Leinwand folgt, in dem Veera an einem Real-Life Rollenspiel teilnimmt, versucht Demonen zu vetreiben, durch steinige Burgkorridore streift und Zauberformeln murmelt, erschließen sich dem Zuschauer im Laufe des Filmes immer mehr Hintergründe und Handlungsstränge. Ihre durch einen alkoholkranken und gewalttätigen Vater, den sie seit 15 Jahren nicht gesehen hat, ziemlich schwere Kindheit, oder die innige Beziehung zu ihrem Bruder, dessen geistige Entwicklung durch hohes Fieber in seiner früher Kindheit verlangsamt wurde. Man bekommt Einblick in die Gefühle von Veera und ihre Versuche, ihre Vergangenheit zu verarbeiten.
Auch wenn das Thema des Filmes spannend und interessant ist, tut sich „The magic life of V“ schwer damit das Publikum einzufangen. Durch Sprünge in Zeit und Ort entsteht für den Zuschauer nur schwer ein roter Faden. Man sieht Veera zu Hause in Finnland, mal zusammen mit ihrem Bruder lebend, dann alleine; zwischendurch immer wieder bei Rollenspielen. Diese Sprünge, die für mich nur schwer einzuordnen sind, wirken verwirrend und haben zum Effekt, dass die Emotionalität des Filmes nur wenig durchdringt. Auch wenn Veera im Filmgeschehen viele wichtige Schritte geht, um ihre Vergangenheit zu verarbeiten, ist „The magic Life of V“ doch etwas eintönig und wirkt dadurch karg.
Nichtsdestotrotz ist es interessant durch Veeras Alltag einen Einblick in eine für die meisten völlig fremde Welt zu bekommen und ihren individuellen Weg der Verarbeitung ihrer Kindheit mitzuverfolgen. Besonders ihre eigene Entwicklung durch die Filmarbeiten wirkt sehr stark auf mich, am Ende wagt sie nach jahrelangem Verstecken eine Konfrontation mit ihrem Vater, und vor allem Veeras Auftreten beim Publikumsgespräch vermittelt ein weitaus selbstbewussteres und glücklicheres Bild als noch zu Beginn des Filmes.
So ist „The Magic Life of V“ ein durchaus interessanter Film, in welchem Regisseur Tonislav Hristov mit den Auswirkungen einer unglücklichen Kindheit ein Thema behandelt, das in der Gesellschaft vielleicht noch immer zu viel tabuisiert wird. Dennoch überzeugt er mich aufgrund seines zu eintönigen Verlaufes nicht komplett.
19.02.19, Clara Bahrs
Escape from reality
"The Magic Life of V" shows Veeras life in documentary form. During the first few minutes I was just confused and a littel bit amused by the filmplot, where Veera takes part in a real-life role-playing game, tries to expel demons, strolls through castle corridors and mumbles magic spells, but as the film progresses, the viewer unterstands the background and storyline more and more. The film tells about her difficult childhood as a result of an alcoholic and violent father, whom she hasn't seen for 15 years, or her close relationship with her brother, whose mental development was slowed down by high fever in his early childhood. We get an insight into Veera's feelings and her efforts to deal with her past.
Even though the subject of the film is interesting, "The magic life of V" has a struggle with catching the audience. By jumping in time and place it's hard for the viewer to get the storyline. You see Veera at home in Finland, sometimes living together with her brother, then alone; in between her participating in role plays. These jumps seem confusing and have the effect that the emotionality of the film only rarely gets to the audience. Even though Veera takes many important steps in the movie to confront her past, "The magic Life of V" is a bit one-toned.
Nevertheless, it's interesting to get a look into Veera's everyday life and to follow her individual way of dealing with her childhood. Especially her own development through the film has a strong effect on me, at the end she takes a confrontation with her father after years of hiding, and above all Veera's presence at the discussion after the screening shows a much more self-confident and happy picture than at the beginning of the film.
"The Magic Life of V" is a very interesting movie that deals with the effects of an unhappy childhood with a topic, that is perhaps still too much under taboo in our society. Nevertheless, it doesn't convince me completely because of its too monotonous progression.
19.02.19, Clara Bahrs
Interview with Xue Bai, director of»Guo Chun Tian« (»The Crossing«)
Vincent & Sarah
Last Thursday, Sarah and I had the chance to meet Xue Bai, director and screenwriter of this year's Generation 14plus contribution »Guo Chun Tian« (»The Crossing«) in her apartment.Freie Generation Reporter: Miss Bai, you grew up in the border city Shenzhen. How did you experience the divide of China and Hongkong when you were a child? How did this maybe change over time?
Xue Bai: Good question. Actually, I was six years old when we moved to Shenzhen. The city is very close to Hongkong. There is just one river in between. We speak the same language, we eat the same food, we drink the same water. As a child, I listened music, watched movies and saw TV programs from Hongkong. So, for me there has always been a deeper connection instead of a divide.
In 1997, Hongkong became a special administrative region of China. At that time I was 13 years old. The Chinese army came from Shenzhen to Hongkong to do that ceremony. We as students would be sitting on the roads to attend the ceremony. That was a very special moment for me.
How did you experience the societal differences between Hongkong and Shenzhen? Hongkong will officially completely be a part of China again in a couple of decades. How did you experience those political tensions?
Xue Bai: I think that the ideology and the cultural as well as the political background is very different between the two cities. But because all of us are speaking Cantonese, we still got some kind of connection with each other.
Hongkong used to be very powerful in economy and is kind of the financial center in Asia but in recent years the economical power of China is growing, so the difference actually changed in these years. Peoples' feelings are changing as well. For example, when Chinese people went to Hongkong years ago they ate noodle soups that would be very expensive but today it's just a noodle soup (laughs).
FGR: Why is it so lucrative to smuggle iPhones from Hongkong to China?
Xue Bai: In Hongkong there are no taxes for goods like these. But nowadays the price difference is decreasing so it's not as profitable as it used to be.
FGR: How did you approach the research for your film?
Xue Bai: I did a lot of research. I read thousands of pages full of information. I took a lot of photos and videos. Most importantly, I had to immerse myself into life in Hongkong because I haven't lived there before. I read many books about the history and social structure of the city and visited museums for example. I really wanted to do the best to get to know the whole society of Hongkong.
When I was focussing on these cross border children, I talked to different age groups of actresses who could play the leading role. Most of these smugglers are actually very young but it was honestly easier to write the script for an older girl who was capable of acting the leading role. And because in China young people can start working part-time at the age of 16, it made substantial sense as well.
This cross border child was a very special character for me to write because she is very embarrassed. She has a family in Shenzhen but no friends there. She has classmates in Hongkong but no home.
I found this very interesting, having to cross this border everyday to go to school. That's why I wanted to create this girl. I thought about what I would do if I was her. I would want to earn some money and I would want to do some bad things (laughs) to get through struggling to live this kind of life. So, this came up in my mind. I first thought the story may not work out.
FGR: Are you interested in making more movies about the topic of borders or...
Xue Bai: ...How do you know that? (we all have to laugh). My next movie is also about...yes.
FGR: Aha, no details allowed. I still want to know a bit more about that. What kinds of movies are you interested in making? Dramas or movies for young people e.g.?
Xue Bai: Actually, I think »The Crossing« is a drama film even though my characters are very young. I really like drama films.
FGR: At the Q&A of the European premiere of your film, we had the feeling that it especially resonated within the Chinese-speaking audience who asked many questions about it. How much is this topic talked about in China and especially Shenzhen? Is there maybe a lack of coverage about it?
Xue Bai: When we specifically talk about the story of »The Crossing«, many people in China aren't familiar with these kinds of children that are portrayed in the film. If we talk about the city movement in general, it has happened in China and all over the world in recent years more so than ever before. In China, there are a lot of people moving to big cities like Beijing, so they still got the same problem of identity Peipei, the main character in my film, does.
FGR: A couple of times throughout the movie, you stop the frame while playing a catchy bass-like sound. Why did you decide to do that? Is there a pattern behind it?
Xue Bai: This kind of thing is the editor's job and work. I was glad that he created this effect although I was quite shocked first to be honest with you. But when I decided to use this to tell the story, I realized that it portrays the three different psychological feelings of Peipei.It's like this (moves her arms)!
It reflects the different layers of Peipei and it's getting powerful one by one. So, I think it makes the changes of Peipe's feelings more clear. And it's just very cool as well (smiles). I am a young filmmaker so I want to make a fresh and cool film.
FGR: Was that maybe a reason for the electronical, beat-driven music as well or why did you choose that?
Xue Bai: I listened to these styles of music while writing the script. It also reflects the two main facets of Peipei, her two main emotions. On the one hand she is powerful and brave, on the other hand I or we feel sorry and sad about her.
FGR: You have worked with a big film production company...
Xue Bai: ...How do you know that?
FGR: Wanda Pictures. Many actually don't know that but it's a huge company, right?
Xue Bai: Yes, it's very famous.
FGR: First, how did you get in there and then did you have to adapt some of your script while working with them? Did you have to alter your script at some point, did you have to adapt to some guidelines of the company?
Xue Bai: Actually, no. Because in this big company my film is very small. They normally do commercial films, My film is a very special one, so they let me do it in my own way. To finance the film, we went to two financing platforms and Wanda picked up my script they found on one of these platforms. I was in the top five of the platform. So they approached me and I didn't have to ask directly. I'm lucky.
FGR: Thank you very much for the interview, Ms. Bai!
19th of Feb. 2019, Vincent Edusei & Sarah Gosten
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