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Lotte und die verschwundenen Drachen – die Rolle von Traditionen in Estland

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Lotte ist der Film dieses Jahr auf der Berlinale in den schon die ganz Kleinen gehen können. In einer einfachen, aber deswegen nicht weniger sensiblen Erzählweise folgen wir Lotte und ihrer neu geborenen Schwester Roosi auf Entdeckungsreise durch das Dorf der Erfinder sowie natürlich auf der Suche nach den verlorenen Drachen. Die beiden treffen nämlich auf einen Professor, der auf Jagd nach den ältesten Volksliedern der Welt ist und sein Augenmerk dabei besonders auf den Gesang der Drachen gelegt hat, von denen keiner weiß, ob sie wirklich existieren. Bei diesem Abenteuer sind Lotte und Roosi natürlich gleich dabei! Alle Figuren des Films sind Tiere mit ganz viel Charakter und es ist wundervoll, wie originell, fantasievoll und ausgefallen sie und ihre Geschichten sind und so wird während des Films viel gelacht, mitgetanzt und mitgefiebert. Die meiste Zeit verbringen wir in der heilen schönen estnische Welt und vor allem seiner Natur, durch detaillierten Zeichnungen von Wald, Feldern und Blumenwiesen mit Weidenröschen, Kornblumen, Mohn, Sonnenhut und Rittersporn realistisch zum Leben erweckt. Und doch begibt sich der Film auf der Suche nach den Wurzeln der Kulturen in dunklere Welten mit einem Ereignis, das fast schon Parallelen zur Flüchtlingssituationen und Kriegen hat, und dabei aber ganz auf für Kinder verständlicher und verarbeitbarer Ebene bleibt.

Nachdem ich das letzte Jahr in Estland gelebt habe, fand ich es toll, in diesem Film reflektiert zu finden, wie wichtig den meisten Esten ihre Vergangenheit und Traditionen sind, vor allem was die Kunst angeht. In Deutschland kann mensch sich das kaum vorstellen, aber tatsächlich ist in Estland der Bezug zur Natur und zu Volksliedern, den Tänzen, Trachten und besonderen Dialekten sehr stark. Jeder kennt bestimmte Lieder oder Tanzschritte, monatliche Volkstanzveranstaltungen werden auch von jungen Leuten besucht. Geschichtlich ergibt das wohl auch Sinn. Es handelt sich um ein sehr kleines Land mit nur 1,5 Millionen (das ist weniger als die Hälfte von Berlin!), von denen nur rund 1 Million estnisch sprechen, eine Sprache die zur finnisch-ugrischen Sprachfamilie gehört, also mit dem finnischen (und auch ein wenig mit dem ungarischen) eng verwand ist. Die meiste Zeit seiner Geschichte war Estland besetzt, von Ordensrittern, Schweden, Russen, Deutschen und dann wieder, als Teil der Sowjetunion, von Russland. Diese Zeit war besonders schwer, war doch das sprechen der eigenen Sprache, ausleben der Traditionen sowie sowjetabweichende Meinungen verboten, und massenhafte Deportationen nach Sibirien sowie die Verstaatlichung von Farmen, Wohnungen, Eigentum und so Einiges mehr die Folge. Und eines der wenigen Dinge, die den Esten Mut gegeben hat, war das heimliche am Leben halten der Traditionen. Gegen Ende der Sowjetunion wurde Estland unter anderem dank der „Sängerrevolution“ wieder unabhängig, ein mehr oder weniger friedlicher Protest gegen das Regime, wo mit dem Singen von alten Volksliedern die estnische Freiheit gefordert wurde. So sind all die Traditionen immer noch sehr wichtig in dem Land und jede noch so kleine Region versucht diese zu bewahren.
Für mich als Deutsche ist es schön so etwas zu sehen, schön so viel Kunst und Traditionen nah am Herzen zu halten und doch auch gruselig, so viel Patriotismus beizuwohnen, und zu sehen, wie zum Beispiel bei dem alljährlichen riesigen Sängerfest tausende Menschen Estlandfahnen schwenken und die Geschichte beweinen.
All dies wird einem natürlich nicht bewusst, wenn mensch Lotte ohne jegliches Vorwissen schaut, aber es ist spannend dies im Hinterkopf zu haben! Und zu wissen, was mensch antworten kann, wenn ein Kind einen nach der Vorstellung fragt: Was ist eigentlich Estland? So oder so ist Lotte ein süßer Kinderfilm, in den es sich mit den Kleinen auf jeden Fall zu gehen lohnt!

13/02/19, Carlotta Saumweber

http://maybetooblonde.blogspot.com/2013/07/tallying-up-tallinn-estonia.html

Lotte and the Lost Dragons – the Importance of Traditions in Estonia


Lotte is this years movie suitable for even the very young ones. With a simple, but nevertheless sensible narrative the audience gets to follow Lotte and her newborn sister Roosi on their expeditions in the inventors village as well as the search after the lost dragons. They both meet a professor, who is hunting down the oldest folk songs of the world, especially the song of the dragons, even though no one knows if they are truly existing. Of course Lotte and Roosi have to join this adventure! All figures in the film are animals with a lot of character and it is wonderful, how original, imaginative and exceptional they and their stories are, so that during the movie, there is a lot of laughing, dancing along and rooting for the siblings. Most time is spend in an idyllic Estonian world and especially its nature, which is brought to life with detailed drawings of the forest and the flower fields with willowherb, cornflower, poppy, coneflower and larkspur. Still the movie also takes a darker road while searching for the roots of cultures with an incident, that kind of show parallels to refugee and war situations, though staying comprehensible and not to harsh for smaller children.

After living in Estonia the last year, I really enjoyed to see reflected in this movie, how most Estonians value their past and traditions, especially regarding art. In Germany it might be hard to imagine, but in Estonia the connection to nature and to folk songs, dances, traditional clothes and special dialects is actually quite strong. Everyone knows certain songs or dancing steps, monthly folk dancing events are visited by young people too. Looking at the history I guess that that makes sense. It is a very small country with only 1,5 million inhabitants (thats less then the half of people living in Berlin!) and only about 1 million of them speak Estonian, a language that belongs to the finish-ugrish language family, meaning that it is similar to Finish (and a bit to Hungarian). During most of its history Estonia was occupied, by the Teutonic Knights, Sweden, Russia, Germany and than again, being part of the soviet union, Russia. This time was especially hard for Estonians, since speaking the language, acting out on traditions or having certain opinions was forbidden and plenty deportations to Siberia and the communization of farms and property took place. One of the things that gave Estonians hope was keeping the traditions alive secretly. Towards the end of the soviet union Estonia got independent again with the help of the “singing revolution”, a protest that went more or less peaceful and where people demanded the freedom of Estonia by singing old folk songs. That is why many traditions are still so important and even the smallest region wants to keep them alive.
For me, being a German, it was beautiful to see such a thing, keeping traditions and art so close to ones heart, but at the same time a bit scary too, seeing so much patriotism and thousands of people holding Estonian flags and mourning the past at the big annual singing festival.
All this of course won't come to mind when watching Lotte without any background information, but it is interesting to keep it in mind! And to know what to answer when a child asks after the screening: What is Estonia actually? One way or the other I think, that Lotte is a very sweet movie, that is definitely worth to watch with smaller children!

13th February 19, Carlotta Saumweber

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